Axiale Spondyloarthritis bei Männern und Frauen: Mythen und Wahrheiten

Patientengemäßer Bericht über die Veröffentlichung„Sex and gender differences in axial spondyloarthritis: myths and truths“ von Tamara Rusman, Rianne E. van Bentum und Irene E. van der Horst-Bruinsma, erschienen in Rheumatology Band 59 (2020) Seiten iv38–iv46

Dass die Häufigkeit rheumatischer Krankheiten sich zwischen Männern und Frauen unterscheidet, ist nichts Neues. Die Rheumatoide Arthritis und der Systemische Lupus erythematodes sind bei Frauen häufiger, die Spondylitis ankylosans[1] ist bei Männern häufiger und die nicht-röntgenologische axiale Spondyloarthritis[2] ist bei Männern und Frauen gleich häufig.

Die drei Verfasserinnen von der Universität Amsterdam weisen darauf hin, dass die Spondylitis ankylosans bei Männern wegen des rascheren Fortschreitens von der nicht-röntgenologischen axialen Spondyloarthritis zur Spondylitis ankylosans häufiger ist, und befassen sich in ihrem Artikel mit weiteren Geschlechtsunterschieden bei der axialen Spondyloarthritis, indem sie häufigen Missverständnissen die Tatsachen gegenüberstellen.

Mythos 1: Zwischen der axialen Spondylo­arthritis bei Männern und Frauen gibt es keinen Unterschied.

Die Wahrheit:Männer und Frauen unterscheiden sich in der Gen-Expression und in der Körper-Zusammensetzung. Frauen empfinden deshalb Schmerzen anders als Männer. Hormon-Einflüsse können bei Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis zu einer höheren Krankheitsaktivität führen.

Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt es nicht nur in den Geschlechts-Chromosomen. Es gibt Hinweise darauf, dass Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis weniger häufig HLA-B27-positiv sind und die Krankheit deshalb bei ihnen weniger rasch zur Spondylitis ankylosans fortschreitet und weniger gut auf Medikamente anspricht.
Das männliche Geschlechtshormon Testosteron vermindert die Produktion von TNF-alpha und steigert die Produktion des entzündungshemmenden Zytokins Interleukin-10. Östrogene hingegen steigern die Produktion der entzündungsfördernden Zytokine IL-1, IL-6 und TNF-alpha.
Geschlechtshormone beeinflussen auch das Schmerzempfinden. Testosteron erhöht die Schwelle für das Schmerzempfinden, während es zum Östrogen und Progesteron diesbezüglich widersprüchliche Ergebnisse gibt.

Mythos 2:Die axiale Spondyloarthritis ist vorwiegend eine Männerkrankheit.

Die Wahrheit: Die axiale Spondyloarthritis ist keineswegs vorwiegend eine Männerkrankheit. Die Diagnose einer axialen Spondyloarthritiswird bei Frauen aber häufiger versäumt oder erst nach langer Verzögerung gestellt.

Ein Grund für die längere Diagnoseverzögerung bei weiblichen Patienten kann das Auftreten von Sehnenansatzentzündungen (anstatt von entzündlichen Rückenschmerzen) sein, oder von weitverteilten Schmerzen, die oft als Fibromyalgie fehldiagnostiziert werden. Auch die immer noch verbreitete ärztliche Meinung, die Spondyloarthritis sei eine Männerkrankheit, kann zur Diagnoseverzögerung führen.
Eine lange Diagnoseverzögerung ist ein Risikofaktor für ein Nichtansprechen auf eine Behandlung mit Biologika.

Neue Überweisungs-Strategien, z.B. Überweisung auf Grund des Auftretens einer Uveitis (Regenbogenhautentzündung), können helfen, die Dia­gnoseverzögerung bei weiblichen Patienten zu ver­kürzen. Andererseits ist es wichtig, diagnostische Fallen zu beachten: Ödeme im Magnetresonanz-Bild der Kreuzdarmbeingelenke können bis 1 Jahr nach einer Schwangerschaft eine Spondyloarthritis vortäuschen. Auch intensiver Sport kann zu Knochenmark-Ödemen führen.

Mythos 3: Männer mit einer axialen Spondyloarthritis haben einen ungünstigeren Krankheitsverlauf als Frauen.

Die Wahrheit: Bei Männern entwickeln sich knöcherne Veränderungen im Mittel rascher als bei Frauen, aber eine schwerwiegende Versteifung gibt es auch bei Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis. Frauen haben im Allgemeinen eine höhere Krankheitsaktivität und häufiger auch periphere Symptome. Insgesamt unterscheidet sich die Krankheitslast nicht zwischen Männern und Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis.

Der Hauptgrund, warum häufig angenommen wird, Männer hätten einen schlimmeren Krankheitsverlauf, ist vermutlich die häufigere knöcherne Versteifung und Verkrümmung bei männlichen Patienten. Schwere Verkrümmungen kommen aber auch bei weiblichen Patienten vor (Bild 1).  

Frauen mit einer nicht-röntgenologischen axialen Spondyloarthritis oder einer Spondylitis ankylo­sans haben häufiger als Männer eine hohe Krankheitsaktivität und starke Schmerzen, auch nach langer Krankheitsdauer. Frauen haben auch häufiger als Männer Symptome außerhalb der Wirbelsäule, insbesondere Sehnenansatz-Entzündungen. Insgesamt unterscheidet sich die Krankheitslast nicht zwischen Männern und Frauen.

Mythos 4:Beim Ansprechen der axialenSpondyloarthritis auf Medikamente und bei der Beibehaltung einer Therapie mit Biologika gibt es keine Geschlechtsunterschiede.

Die Wahrheit:  In Studien zeigte sich, dass die axiale Spondyloarthritis bei Frauen auf TNF-Blocker weniger gut anspricht als bei Männern und die Therapie im Mittel weniger lange beibehalten wird. Über Geschlechtsunterschiede bei anderen Biologika wie IL-17-Hemmern gibt es nur begrenzte Daten.

In mehreren Studien zeigte sich, dass die axiale Spondyloarthritis auf TNF-Blocker bei Frauen weniger gut anspricht als bei Männern. Nur in einer Studie zeigte sich, dass die axiale Spondylo­arthritis bei Frauen auch auf Interleukin-17-Hem­mer weniger gut anspricht als bei Männern. In einer anderen Studie zeigte sich kein solcher Unterschied.

Auch beim Beibehalten der Therapie zeigte sich ein klarer Geschlechtsunterschied: Frauen behielten die Therapie im Mittel weniger lange bei, außer in einer Studie mit dem IL-17A-Hemmer Secukinumab. Vorhersage-Faktoren für eine gute Wirksamkeit und ein Beibehalten der Therapie sind HLA-B27-Positivität, keine vorhergehende Therapie mit einem anderen TNF-Blocker, kurze Krankheitsdauer und keine Sehnenansatzentzündung, Faktoren, die bei weiblichen Patienten seltener zutreffen als bei männlichen Patienten. Auch der höhere Fettmassen-Anteil bei Frauen trägt zum weniger guten Ansprechen auf die Therapie und zum häufigeren Therapie-Abbruch bei.

Schlussfolgerungen

Bei der axialen Spondyloarthritis unterscheiden sich biologische Prozesse wie die Immunabwehr, die Schmerzwahrnehmung, Sehnenansatzbeteiligungen und das Fortschreiten knöcherner Veränderungen zwischen Männern und Frauen. Die Wirksamkeit von TNF-Blockern ist bei Frauen geringer als bei Männern. Insgesamt ist es wichtig, solche Unterschiede sowohl bei der Diagnose als auch bei der Therapie zu beachten.


 

[1]) röntgenologische axiale Spondyloarthritis, volkstümlich auch Morbus Bechterew genannt

[2]) ohne deutliche Veränderungen im Röntgenbild der Kreuzdarmbeingelenke, oft ein Frühstadium vor dem Fortschreiten zur Spondylitis ankylosans


Empfängnis-Verzögerung bei Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis: Wovon hängt sie ab?

Patientengemäßer Bericht über die Veröffentlichung „Factors associated with time to pregnancy in women with axial Spondyloarthritis“ von Kristin Ursin, Stian Lydersen, Johan F. Skomsvoll, Kjell Å. Salvesen, Hege S. S. Koksvik, Bente Jakobsen und Marianne Wallenius, erschienen in Arthritis Care & Research Band 73 (2021) S. 1201–1209

Einleitung

Mutterschaft ist vielen Frauen wichtig, unabhängig davon, ob sie eine chronische Krankheit haben oder nicht. Studien ergaben allerdings, dass Frauen mit einer chronischen Arthritis häufiger kinderlos bleiben als gesunde Paare.

Unter „Fruchtbarkeit“ (Fertilität) versteht man die Fähigkeit, schwanger zu werden. Bei einer Dauer von mehr als 12 Monaten vom Beginn des aktiven Versuchs, eine Empfängnis herbeizuführen, bis zum Eintritt einer Schwangerschaft spricht man von Subfertilität. Die Häufigkeit einer Subfertilität in der allgemeinen Bevölkerung wird auf 9% geschätzt. Für die rheumatoide Arthritis ergab eine andere Studie eine Subfertilitäts-Rate von 42%. Eine längere Dauer bis zum Eintritt einer Schwangerschaft war gemäß dieser anderen Studie verknüpft mit höherem Alter, bisheriger Kinderlosigkeit, höherer Krankheitsaktivität und dem Gebrauch von Prednisolon oder nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR).

Studie zur Subfertilität bei axialer Spondyloarthritis

Dr. Kristin Ursin und ihre Mitverfasser von Universitätskliniken in Trondheim (Norwegen) haben in ihrer Studie die Dauer bis zum Eintritt einer erwünschten Schwangerschaft bei Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis[1] und mögliche Einflussfaktoren untersucht. Sie verwendeten dazu das norwegische Patientenregister RevNatus, in dem der Schwangerschaftsverlauf von Patientinnen mit entzündlich-rheumatischen Krankheiten vom Zeitpunkt der Schwangerschaftsplanung bis 1 Jahr nach der Geburt erfasst wird. Von 2006 bis 2018 wurden in diesem Register 442 Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis und 596 Frauen mit einer rheumatoiden Arthritis erfasst. Bei 274 Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis und 317 Frauen mit einer rheumatoiden Arthritis war auch die Dauer vom Beginn des aktiven Empfängnis-Versuchs bis zum Eintritt einer Schwangerschaft bekannt.

In die Studie eingeschlossen wurden 221 Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis und 258 Frauen mit einer rheumatoiden Arthritis. Ausgeschlossen wurden Frauen, die bis zum Ende der Studie nicht schwanger waren oder die es sich inzwischen anders überlegt hatten.

Studienergebnisse

Die Studienteilnehmerinnen mit einer axialen Spondyloarthritis waren 21 bis 46 Jahre alt und hatten im Mittel eine Krankheitsdauer von 4 Jahren (0–26 Jahre). Die Frauen mit einer rheumatoiden Arthritis waren 19 bis 44 Jahre alt und hatten im Mittel eine Krankheitsdauer von 5 Jahren. Mehr als die Hälfte hatten vorher schon ein Kind geboren. Unter den Frauen mit einer axialen Spondylo­arthritis hatten 4.0% ein polyzystisches Ovarialsyndrom[2]. und 1,5% eine Endometriose[3].

Von den Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis wurden 93,8% schwanger. Die mittlere Dauer bis zur Empfängnis betrug 2 Monate. 21% hatten eine Empfängnisverzögerung von mehr als 12 Mo­naten. Die Verteilung der Empfängnisverzögerung unter den Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis und unter den Frauen mit einer rheumatoiden Arthritis ist im Bild 1 zu sehen.


[1]) Spondylitis ankylosans (volkstümlich auch „Morbus Bechterew“ genannt) und nicht-röntgenologische axiale Spondyloarthritis (noch ohne deutliche Veränderungen im Röntgenbild der Kreuzdarmbeingelenke)

[2]) eine hormonelle Gleichgewichtsstörung mit sehr vielen Zysten in den Eierstöcken, die die Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann

[3]) eine oft übersehene und potentiell sehr schmerzhafte Ansiedlung von Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter.

Unterschiede zwischen Frauen mit einer Empfängnisverzögerung von mehr bzw. weniger als 12 Monaten

Die subfertilen Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis waren signifikant älter und hatten eine signifikant längere Krankheitsdauer als die „fertilen“ Frauen mit einer Empfängnisverzögerung von weniger als 12 Monaten (Tabelle 1). Ein signifikant größerer Anteil der subfertilen Patientinnen war vorher nie schwanger, und ein ebenfalls signifikant größerer Anteil von ihnen rauchte. Alle übrigen Unterschiede (Krankheitsaktivität, Body Mass Index, Gebrauch von NSAR, Prednisolon, Methotrexat, TNF-Blockern) waren statistisch nicht signifikant.

 

Tabelle 1: Unterschiede zwischen Patientinnen mit einer axialen Spondyloarthritis und einer Empfängnisverzögerung von mehr bzw. weniger als 12 Monaten

 

 

 

subfertil

fertil

p

 

 

mittleres Alter

32 Jahre

30 Jahre

0,02

 

 

mittlere Krankheitsdauer

7,3 Jahre

4,6 Jahre

0,001

 

 

ohne vorherige Schwangersch.

65%

42%

0,002

 

 

Raucher

16%

4%

0,003

 

 

mittlerer Body Mass Index

25 kg/m2

25 kg/m2

n.s.

 

 

mittlerer BASDAI

2,9

3,4

n.s.

 

 

Anteil an der Zahl derer, die den Gebrauch des jeweiligen
Medikaments mit ja oder nein beantworteten

 

 

NSAR-Gebrauch

26%

31%

n.s.

 

 

Prednisolon-Gebrauch

2,6%

4,5%

n.s.

 

 

Methotrexat-Gebrauch

7,0%

5,6%

n.s.

 

 

Anti-TNF-Gebrauch

56%

47%

n.s.

 

 

Schlussfolgerungen

  1. Der Anteil der Frauen mit einer Empfängnisverzögerung von mehr als 12 Monaten war unter den Patientinnen mit einer axialen Spondylo­arthritis größer als in der Allgemeinbevölkerung.
  2.  Eine längere Empfängnisverzögerung war verknüpft mit höherem Alter, längerer Krankheitsdauer, keiner vorherigen Schwangerschaft und Rauchen.
  3. Eine Therapie mit NSAR, Prednisolon, Metho­trexat oder TNF-Blockern hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Zeitdauer bis zur Empfängnis.

Frauen mit einer axialen Spondyloarthritis und Kinderwunsch sollten die Schwangerschaft nicht zu lange hinausschieben und, falls sie Raucherinnen sind, unbedingt zunächst eine Raucher­entwöhnung machen.

Anschrift der erstgenannten Verfasserin:

Norwegian National Advisory Unit on Pregnancy and Rheumatic Diseases. St. Olavs Hospital, Trondheim, Norwegen


Schwangerschaftsverlauf bei Patientinnen im Frühstadium einer axialen Spondyloarthritis

Patientengemäßer Bericht über die Veröffentlichung „Pregnancy rates and outcomes in early axial spondyloarthritis“ von Marion Pons, Maxime Dougados, Nathalie Costedoat-Chalumeau, Karine Briot, Philippe Goupille, Christian Roux und Anna Molto, erschienen in Joint Bone Spine Band 88 (2021) Artikel Nr. 105075

Dr. Marion Pons vom Hôpital Cochin in Paris und ihre Mitverfasser in Paris und Tours (Frankreich) analysierten die Daten einer früheren Studie mit dem Ziel, herauszufinden, wovon der Verlauf einer Schwangerschaft im Frühstadium der axialen Spondyloarthritis abhängt.

Teilnehmer der Studie waren Erwachsene im Alter von weniger als 50 Jahren mit entzündlichen Rückenschmerzen seit mehr als 3 Monaten, aber weniger als 3 Jahren, bei denen der behandelnde Rheumatologe eine Spondyloarthritis für wahrscheinlich hielt. Die Teilnehmer durften vor der Studie nicht mit einem TNF-Blocker behandelt worden sein. Von den 708 Teilnehmern der Studie wurden alle 381 weiblichen Teilnehmer in die Analyse einbezogen.

Die Patientinnen wurden im Rahmen der Studie nach dem Ausbildungsgrad gefragt, nach der Berufstätigkeit, nach Rauchgewohnheiten, nach der Krankheitsaktivität, der Anzahl der Schwangerschaften vor und während der Studie, nach dem Medikamentengebrauch während der Schwangerschaft sowie nach dem Ergebnis dieser Schwangerschaften (Geburt nach vollständigen 9 Monaten, Fehlgeburten, Schwangerschaftsabbrüche, Frühgeburten, Art der Geburt und Geschlecht des Kindes).

Ergebnisse

Von den Teilnehmerinnen waren zu Beginn der Studie 63,5% mindestens einmal schwanger gewesen. 6 Jahre später waren es bereits 76%.

Von den Schwangerschaften, deren Ergebnis dokumentiert war, wurden 83% die vollen 9 Monate ausgetragen, während 17% der Schwangerschaften ein ungünstigeres Ergebnis hatten: 2,5% der Schwangerschaften endeten mit einem Schwangerschaftsabbruch ohne medizinische Indikation, 7,5% mit einer Frühgeburt und 7,5% mit einer Fehlgeburt. Bei 14% der erfolgreich ausgetragenen Schwangerschaften und 40% der Frühgeburten war ein Kaiserschnitt notwendig.

Ein NSAR-Gebrauch in den 6 Monaten vor der Geburt erwies sich als Risikofaktor für ein ungünstiges Schwangerschaftsergebnis 1 Ein Gebrauch von TNF-Blockern während der Schwangerschaft stellte zwar keinen signifikanten Risikofaktor für ein ungünstiges Schwangerschaftsergebnis dar. Da jedoch nur 6 Patientinnen während der Schwangerschaft mit TNF-Blockern behandelt wurden (3 mit Adalimumab, 1 mit Etanercept, 1 mit Golimumab und 1 mit Infliximab), ist es nicht überraschend, dass das Risiko des TNF-Blocker-Gebrauchs (eine dieser 6 Schwangerschaften = 16% endete mit einer Fehlgeburt) keine statistische Signifikanz erreichte, und es ist trotzdem entsprechende Vorsicht angebracht. 2

Von den Patientinnen, die während der Schwangerschaft NSAR einnahmen, rauchten 13% weiterhin auch während der Schwangerschaft, ohne dass das Risiko des Rauchens während der Schwangerschaft separat untersucht wurde.3

Anschrift der erstgenannten Verfasserin:

Rheumatology department, Hôpital Cochin

Paris, Frankreich


1) In Deutschland wird geraten, ab der 27./28. Schwangerschaftswoche dem NSAR-Gebrauch herunterzufahren und ab der 30. Woche ganz abzusetzen und z. B. durch Paracetamol zu ersetzen.

2)In Deutschland wird ebenso wie in Frankreich im Interesse des Neugeborenen vom Gebrauch von TNF-Blockern gegen Ende der Schwangerschaft abgeraten.

3) In allen einschlägigen Empfehlungen wird dem Kind zuliebe dringend davor gewarnt, während einer Schwangerschaft weiterhin zu rauchen.


Ankylosierende Spondylitis (AS): Mutter werden trotz rheumatischer Erkrankung?

Studie zu Babys und Kleinkindern zeigt: Nachwuchs entwickelt sich normal

Kilchberg/Schweiz: Frauen mit ankylosierender Spondylitis (AS) können trotz ihrer rheumatischen Erkrankung Kinder gebären. Doch wie entwickeln sich ihre Kinder? Eine aktuelle südkoreanische Studie kommt nun zu dem Ergebnis, dass sich Babys und Kleinkinder von Müttern mit AS in Wachstum und Entwicklung nicht vom Nachwuchs anderer Mütter unterscheiden. Bislang liegen bereits mehrere Studien zum Schwangerschaftsverlauf betroffener Frauen vor – wie sich ihre Nachkommen entwickeln, wurde jedoch noch nicht untersucht. Die Studie wurde auf dem Jahreskongress der Europäischen Rheumaliga (European League Against Rheumatism, EULAR) 2020 vorgestellt.

Die ankylosierende Spondylitis (AS) ist eine komplexe chronisch-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule mit Beteiligung des Iliosakralgelenks. Im Verlauf verknöchern die Gelenke und ihre Umgebung, was eine teilweise oder vollständige Versteifung der Wirbelsäule zur Folge hat. Viele der Betroffenen klagen über Schmerzen in der Wirbelsäule, im Kreuz, in den Gesäßhälften oder in den Hüften. Morgens sind die Beschwerden besonders stark. In der zweiten Nachthälfte wachen AS-PatientInnen wegen der Schmerzen oft auf und müssen sich bewegen, um diese zu lindern. Die Erkrankung beginnt meist im zweiten oder dritten Lebensjahrzehnt. „Weibliche Patienten mit AS sind somit meist im gebärfähigen Alter und mitunter unsicher, ob sie ihren Kinderwunsch trotz ihrer chronischen Erkrankung verwirklichen können“, sagt EULAR-Präsident Professor Dr. Iain B. McInnes, Direktor des Instituts „Infection, Immunity and Inflammation“ an der Glasgow Universität, Schottland.

Eine südkoreanische bevölkerungsbasierte Fallstudie ging der Frage nach, ob und welche Auswirkungen die Erkrankung AS bei Frauen auf Wachstum und Entwicklung ihrer Kinder in den ersten Lebensjahren hat. Das Team um Sung Hae Chang vom Soonchunhyang University College of Medicine Cheonan Hospital, dem Chungbuk National University Hospital sowie der Korea University College of Medicine, wertete dazu zwei südkoreanische Datenbanken aus, die vom National Health Insurance Service (NHIS) verwaltet werden: Das nationale Gesundheitsscreening-Programm für Kinder, welches wachstums- und entwicklungsbezogene Untersuchungsergebnisse aller Kinder registriert und die NHIS-Datenbank, welche umfassende gesundheitsbezogene Daten der Gesamtpopulation abdeckt. In die Auswertung wurden alle zwischen 2008 und 2013 geborenen Kinder einbezogen, die jeweils dreimal untersucht wurden: Die erste Untersuchung fand im Alter von vier bis sechs Monaten statt, die zweite im Alter zwischen neun und zwölf Monaten, die dritte entweder zwischen 54 bis 65 oder zwischen 66 bis 71 Monaten.

„Insgesamt haben wir die Daten von 794 544 Kindern analysiert“, erläutert der Erstautor der Studie, Sung Hae Chang vom Soonchunhyang University College of Medicine Cheonan Hospital: Darunter befanden sich 369 Kinder mit an AS erkrankten Müttern. Davon hatten 124 Frauen bereits vor der Geburt die AS-Diagnose erhalten, bei 245 wiederum wurde die Erkrankung erst nach der Geburt festgestellt.

Dabei zeigte sich: Das Wachstum und die Entwicklung der Kinder von an AS erkrankten Müttern war vergleichbar mit dem vom Nachwuchs anderer Frauen. Und obwohl jene Mütter mit einer schon vorher diagnostizierten AS eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit für ein bei der Geburt untergewichtiges Baby hatten als jene Frauen, bei denen erst nach der Geburt ihres Kindes die AS festgestellt wurde, entwickelten sich ihre Nachkommen im Beobachtungszeitraum von bis zu 71 Monaten nach Geburt insgesamt vergleichbar. „Eine chronische Erkrankung wie AS muss somit kein Hindernis für betroffene Frauen darstellen, gesunde Kinder zu bekommen“, sagt Professor Dr. med. John Isaacs, The University of Newcastle, Großbritannien, Vorsitzender des wissenschaftlichen Programm-Komitees beim EULAR: „Wir raten an AS erkrankten Frauen mit Kinderwunsch jedoch zu einer geplanten Schwangerschaft und einer vorherigen Beratung bei ihrem behandelnden Rheumatologen.“

Literaturhinweis:

Sung Hae Chang, In Ah Choi, Jihyoun Kim, Sung Won Lee, Hyun Jung Kim3, Hyeong Sik Ahn:

Growth and development of children from mothers with ankylosing spondylitis. DOI: 10.1136/annrheumdis-2020-eular.3682

EULAR 2020, die Kongress-Inhalte sind online bis zum 31. August 2020 abrufbar. Eine Anmeldung zum Kongress ist bis dahin auch jederzeit noch über https://www.congress.eular.org/press_registration_form_2020.cfm möglich.

DGRh-Kongress, 9.–12. September 2020 in München

EULAR 2021, 2.– 5.Juni 2021, Paris, Frankreich

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